Zwei Ausfälle in Serie. Einmal mehr bestens vorbereitet, mental aber mit einem anderen Setting, ging Gerhard wieder an den Start.
Für Gerhard und sein gesamtes Team stand in diesem Jahr einzig und allein Spaß am Rennen und an der Herausforderung zu haben. Der Sieg durfte für Gerhard passieren, er musst nicht. Erstmals war auch der Sohn von Gerhard im Team dabei und war während des Tages sogar für die Verpflegung seines Vaters verantwortlich. Man spürte im gesamten Team förmlich die Lockerheit. Gerhard war extrem entspannt, fuhr im Gegensatz zu den letzten Jahren ohne jeglicher körperlicher Probleme von Time Station zu Time Station. Er spielte alle seine Erfahrungen der letzten Jahre aus und ging zu keiner Zeit des Rennens an sein Limit. Trotzdem konnte er in der ersten Nacht sogar den mehrfachen Sieger Christoph Strasser einholen.
Gerhard wusste, Christoph will unbedingt gewinnen, und somit war seine Taktik sich an seine Fersen zu hängen, den Abstand gering zu halten, die Kräfte zu schonen, denn Rennverlauf abzuwarten und gegebenenfalls zu attackieren. Diese Taktik ging voll auf. Gerhard war in seinen letzten 9 RAAM Teilnahmen noch nie so fit über den höchsten Punkt des Rennens, dem Wolf Creek Pass (3300 hm) gekommen. Am Weg von Alamosa nach La Veta ließ sich Gerhard noch die Abstände zu den vor ihm liegenden beiden Österreicher, Christoph Strasser und dem späteren Sieger Severin Zotter geben und meinte noch zu seinem Team: „Jetzt passte es perfekt, ich erhöhe mein Tempo.“ Die Stimmung bei Gerhard und seinem Team war großartig. Immer wieder feuerten sie Gerhard vom Strassenrand aus an und machten ihm die Welle. Und daher waren Sie auch hautnah am Geschehen und mussten mit ansehen, als Gerhard von hinten von einem Motorrad gerammt wurde. Dies geschah noch dazu während einer Bergabfahrt. Gerhard war laut seinen Aufzeichnungsgeräten gerade mit knapp 70 km/h unterwegs, als das Unglück geschah. Der Motorradfahrer erfasste ihn mit seiner Verkleidung und dem rechten Aussenspiegel. Gerhard flog in hohem Bogen vorne über den Lenker, aber anders als bei seinen beiden Stürzen 2007 in Australien und 2008 beim RAAM, schlug er dieses Mal zum Glück nicht mit dem Gesicht voran auf die Straße auf, sondern mit dem Helm, um sich anschließend über seine 2014 runderneuerte (künstliche) Titanschulter und dem Rücken abzurollen. Wobei abrollen ist gelinde ausgedrückt. Gerhard hatte regelrecht im Asphalt eingeschlagen. Der Helm verhinderte wohl das Schlimmste.
Bei genauer Betrachtung sieht man auch warum. Dieser ist innen an mehreren Stellen gebrochen, und nur ein eingearbeitetes Kevlarband verhinderte, dass der Helm auseinander gerissen wurde. Der Einschlag mit dem Kopf war dermaßen hart, dass Gerhard bewusstlos und über mehrere Stunden zwar ansprechbar, aber vollkommen verwirrt war. Gerhard wurde vom Notarzt in das Krankenhaus von Alamosa gebracht und dort versorgt. Ein Weiterfahren war aber wegen der Gehirnerschütterung und den schweren Prellungen am ganzen Körper nicht mehr möglich. Typisch für Gerhard Gulewicz sieht er den Ausgang des Unfalles positiv. Er ist froh, dass nicht mehr passiert ist! Viel schwerwiegender als der Unfall und den damit verbundenen körperlichen Schmerzen ist für Gerhard die Tatsache, dass er ein weiteres Mal daran gescheitert ist sein Ziel das RAAM zu gewinnen. Und noch viel mehr schmerzt ihn die Tatsache, dass er jetzt bereits dreimal in Folge nicht nur sein Ziel verfehlt hat, sondern auch aus dem Rennen ausgeschieden ist. Aber genau darin sieht Gerhard auch die Chance seinem von ihm selbst entwickelten Motivationskonzept – dem F.L.U.S. Prinzip – Rechnung zu tragen und im Jahr 2016 beim RAAM wieder an den Start zu gehen.